Geschichte

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StD Torsten Memmert
Geschichte, Deutsch
OStR Martin Strauß
Geschichte, kath. Religion

Geschichte ist allgegenwärtig, sie begegnet uns überall. Jeder denkt „historisch“, jeder hat Erinnerungen, jeder hat seine eigene Vorstellungswelt von Vergangenheit und Geschichte.

Unsere Alltagswelt ist voll von historischen Quellen mit Überlieferungsabsicht und Überresten, die zufällig Vergangenes widerspiegeln.

Der geschichtswissenschaftliche Ansatz ist demnach umfassender, als man es gemeinhin annimmt. Historisches Lernen und Denken beschränkt sich also nicht nur auf eine eng begrenzte Wissenschaftsdisziplin, wie historische Fragestellungen beispielsweise in der Literaturgeschichte, Kunstgeschichte, Religionsgeschichte, Rechtsgeschichte und auch der Technikgeschichte belegen.

Diese Geschichtskultur prägt nach JEISMANN 1977ff. unser gegenwärtiges Sein und unser „Geschichtsbewusstsein“, also den Vorstellungsbereich von Vergangenheit. Die Auffassung von „Geschichte“ ist demzufolge nie objektive historische „Wirklichkeit“, sondern immer ein Vorstellungsabbild, eine Rekonstruktion des Wissens von Vergangenheit, ein Bewusstseinskonstrukt, das durch vielschichtige Aspekte (Alter, soziales Umfeld, ökonomische Situation, Bildungsgrad, Quellenlage…) beeinflusst wird. Geschichte spiegelt also niemals Vergangenheit wider, sondern ist immer zeitgemäße Deutung, das Resultat gegenwärtigen Nachdenkens und damit keinesfalls endgültig.

Gleichzeitig verfolgt die Geschichtsdidaktik das Ziel, das Geschichtsbewusstsein so zu beeinflussen, dass im Sinne unserer demokratischen Grundordnung eine adäquate Vergangenheitserkenntnis ausgelöst wird. Geschichte beeinflusst also auch das kollektive Selbstverständnis der Gesellschaft.

Demnach hat der Geschichtsunterricht eine entscheidende gesellschaftsbildende Komponente. Es gilt das Ziel, historisches Denken bei den Schülerinnen und Schülern auszulösen. Hier stehen also weniger Daten und Fakten, also die politische Ereignisgeschichte, im Mittelpunkt, sondern historische Lebensformen, Wertvorstellungen und Handlungsabsichten, die es ermöglichen, Bezüge zur eigenen Lebenswelt herzustellen. So sollte der ereignisgeschichtliche Rahmen, der für die Chronologie im Geschichtsunterricht zentral ist, mit der Lebenswelt in Beziehung gesetzt werden, um ein vernetztes analytisches Denken auszulösen, das Vergangenheitsdeutungen, Gegenwartserfahrungen und Zukunftserwartungen verknüpft.

Diese Aufgabenbereiche hat die moderne schulische Geschichtsvermittlung abzuarbeiten, womit deutlich wird, dass dem Geschichtslehrer eine schwierige und komplexe Aufgabe zukommt, zumal den Geschichtsquellen ja jegliche gegenwärtige „Realität“ und vielfach auch Eindeutigkeit fehlt und diese erst dekodiert werden müssen. Dennoch ist guter Geschichtsunterricht zuallererst Unterricht an Quellen, denn gerade diese lösen aufgrund ihrer Andersartigkeit eine gewisse Faszination und Alteritätserfahrung aus. Hier sind neben fachlichen und methodischen Kompetenzen (es gilt das Primat des Fachlichen vor dem Methodischen!) auch soziale und emotionale Kompetenzen bei den Schülerinnen und Schülern zu stärken und das eigenverantwortliche, selbstreflektierte und demokratische Denken und Handeln einzuüben.

Das Referendariat fordert also, mehr als es die universitäre Ausbildung gerade nach der Europäischen Bologna-Studienreform vorsieht, ein Denken in großen Linien jenseits der Kleinschrittigkeit. Diese neuen Ansätze und der Anfängerstatus als Referendar/Referendarin werden Unsicherheit und Befremden auslösen, denn neben der Tätigkeit als Unterrichtender wird die Aufgabe des Lernenden zu bewältigen sein.

Aus diesem Grund wird die Geschichtslehrerausbildung hier am Studienseminar Hildesheim sehr praxisorientiert ausfallen. Die Lehrkräfte im Vorbereitungsdient (LivD) stehen mit den Ausbildern in einem kollegialen Austausch. Hierbei bieten sich beispielsweise gegenseitige Hospitationen, Austausch von Planungskonzepten und Unterrichtsmaterialien zur Intensivierung der praktischen Unterrichtstätigkeit an.

Die Ausbildungsschwerpunkte werden je nach Ausbildungsstand und aktuellem Bedarf gemeinsam festgelegt. Die methodische und didaktische Aus- und Fortbildung findet also kollektiv und transparent statt, setzt aber auch eine Beratungsbereitschaft und ein Sich-in-Frage-stellen, ungeachtet des Mutes zum eigenen Standpunkt, voraus.